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Märchen der
Völker
Stefan Mart
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Kapitel V - Die zehnfache Übermacht
Spanischer
Ritterroman nach Miguel Cervantes
Aus
einem dunklen dichten Wald gelangten Don Quixote und Sancho Pansa
endlich auf eine schöne duftende Wiese, die beide zu einer Mittagsruhe
einlud. Sie stiegen von ihren Tieren und ließen Rosinante und den Esel
frei herumlaufen. Der Knappe öffnete den Schnappsack und verzehrte in
friedlicher Geselligkeit mit seinem Herrn, was sich darin vorfand. Das
Schicksal wollte es, daß zufällig ein Zug galizischer Pferde durch das
Tal getrieben wurde. Die Pferde tummelten sich auf der Wiese und es
dauerte nicht lange, da geriet Rosinante mit einigen munteren Füllen in
Streit. Die Tiere wurden übermütig und wild und behandelten die
klapperige Rosinante auf die schlechteste Weise, Ja gingen ihr sogar
grimmig mit Hufen und Zähnen zu Leibe. Bald war ihr Gurt gesprengt und
ihr der Sattel vom Leibe gerissen. Mittlerweile kamen auch die Hirten
hinzu, griffen nach ihren Knüppeln und Peitschen und prügelten die arme
Rosinante fürchterlich durch. Das edle Ritter-Roß stürzte zu Boden, als
ob es den Geist aufgeben wollte. Don Quixote und Sancho Pansa liefen
keuchend hinzu. - "Freund Sancho, wie ich sehe, sind dies keine Ritter
und Helden, sondern nur Leute aus dem niedrigsten Volk; der Schimpf an
Rosinante muß gesühnt werden." - "Zum
Henker, es sind mehr als zwanzig und wir nur unser zwei!" warf Sancho
zitternd ein. - "Ich zähle für hundert!" Don Quixote griff mit Ungestüm
die zwanzig Hirten an.
Sancho, plötzlich begeistert, folgte seinem
Beispiel. Dem ersten besten Hirten versetzte der edle Rächer einen
Hieb, der den ledernen Koller bis auf die Schulter zerschnitt. Als die
Hirten sich auf solche Weise angegriffen sahen, gerieten sie in großen
Zorn, nahmen unsere beiden Helden in die Mitte, faßten nach ihren
Knüppeln und schlugen mit der größten Wut auf sie ein. Diese Begrüßung
war so niederschlagend, daß Sancho Pansa sich bald schreiend auf dem
Boden wälzte. Gleich darauf folgte auch sein Herr, der sich nach
Möglichkeit gewehrt hatte. Er sank neben seiner Rosinante nieder, die
immer noch betäubt am Boden lag. Die Hirten droschen und lachten noch
eine Weile darauf los und ließen die zerprügelten Helden in sehr
schlechtem Zustand zurück. - "Ach, Ritter Don Quixote!" stöhnte Sancho
Pansa. - "Was willst Du?" erwiderte Don Quixote nicht weniger schwach
und jämmerlich. - "Ach, was für Prügel haben wir bekommen!" seufzte in
einemfort der dicke Sancho. - "Prügel?" Don Quixote richtete sich
mühsam auf, "ich schwöre Dir bei meiner Ritterehre, daß ich nicht ruhen
und rasten will, bis ich Deine Schmerzen, Sancho Pansa, gerächt habe."
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