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Märchen der
Völker
Stefan Mart
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Kapitel VII -
Alifanfaron
Spanischer Ritterroman nach Miguel Cervantes
Matt
und kraftlos mit schmerzenden Gliedern und von blauen Flecken übersät,
zog Don
Quixote mit seinem Schildknappen, nachdem er den Wirt der Schenke
geprellt
hatte, dahin. - "Mein guter Sancho Pansa, Du wirst jetzt vollends
glauben,
daß es Gespenster und Geister gewesen sind, die uns in dem verzauberten
Schlosse so schrecklich mißhandelten." Sancho antwortete bloß durch ein
herzzerbrechendes Ächzen. Während sie nun langsam weiterzogen, bemerkte
der
Ritter, daß ihnen eine ungeheuer große und dichte Staubwolke
entgegenkam. Er
starrte mit funkelnden Augen darauf hin und wendete sich dann zu
Sancho. -
"Höre, Sancho, dies ist der Tag, den das Schicksal zu meinem Glücke
aufgespart hat. Die Kraft meines Armes wird sich erproben und Taten
will ich
verrichten, die von Jahrhundert zu Jahrhundert die Bewunderung der
Menschen auf
mich ziehen werden. Schau jene Staubwolke! Ein
großes Kriegsheer, aus mancherlei Völkern zusammengesetzt,
wirbelt setzt,
wirbelt
auf!" -
"Es müssen zwei Kriegsheere sein", meinte Sancho und lugte in die
Ebene. "Da! auf der andern Seite erhebt sich eine zweite Staubwolke."
Jetzt glaubte Don Quixote sicher, auf der Ebene würde eine große
Schlacht
geschlagen. - "Wir müssen dem Schwachen helfen und dem Bedrängten
Beistand
leisten. Wisse, Sancho, das eine dieser Heere befehligt der berühmte
Kaiser
Alifanforon, Beherrscher der Insel Trapobano; das andere lenkt
Pentapolin, der
König der Gramanten." - "Edler Herr,
jetzt sehe ich es deutlich, es
sind zwei große Hammelherden!" - "Ha!" schau hin,
Sancho Pansa,
"sie bekämpfen sich, weil der Kaiser Alifanforon ein Heide ist und die
christliche Tochter des Königs Pentapolin zur Gemahlin begehrt." -
"Wahrhaftig," murmelte Sancho Pansa,
"mein edler Herr spricht aus seinen
gelesenen Ritterromanen und,
bei Gott, er hat ein beneidenswertes Gedächtnis. "Don Quixote ritt in
erhabener Haltung auf einen Hügel und
begrüßte mit tönender Stimme wohl einige Dutzend berühmter Helden, die
er in
seiner unerhörten Einbildungskraft zu sehen glaubte, und nannte einzeln
die
hochtrabenden Namen. Sancho platzte dazwischen. "Ich sehe nichts als
Hammel, Hammel, Hammel!" - " Wie kannst Du solchen Unsinn
sprechen?" erwiderte Don Quixote. "Hörst Du nicht das Wiehern der
Pferde, das Schmettern der Drommeten und das dumpfe Rollen der
Heerpauken?" - "Ich höre nichts als ein gewaltiges Blöken von
Hammeln, Herr!" - "Hund, Dich blendet Deine Feigheit!" Mit
diesen Worten legte der edle Ritter von La Mancha seine Lanze ein,
stieß
Rosinante die Sporen in die Rippen und flog pfeilgeschwind den Hügel
hinab,
mitten in die Schafe hinein Sancho Pansa schrie ihm nach: "Zurück!
zurück, Herr! es sind bei Gott nichts
als
Hammel!" Aber sein Herr hörte nichts; mit wildem Schlachtgeschrei hieb
und
stach er kampfesmutig und grimmig auf die armen, furchtsamen Geschöpfe
ein. Die
Hirten und Schafsknechte, die den Unsinn mit ansahen, nahmen ihre
Schleudern
zur Hand und bombardierten den Wahnsinnigen mit faustgroßen Steinen.
Unter der
Wucht der, Steine brach Don Quixote zusammen. Des Ritters Hand war
gelähmt,
vier Zähne waren ihm ausgeschlagen und seine Backen jämmerlich
zerquetscht.
Sancho Pansa raufte sich in heller Verzweiflung Haar und Bart über die
Tollheiten seines Herrn. - "Sancho, Du bist ein Esel", zischte Don
Quixote zwischen den Zahnlücken hervor. Merkts Du nicht, daß ein
toller Zauberer die Ritter alle in Hammel verwandelt hat?" - "Ach
was", erwiderte Sancho patzig. "Laßt mich mit Euren Rittern,
Zauberern und Hammeln in Ruhe! Mein Schnappsack fehlt mitsamt dem
Speisevorrat.
Ich ahne Fürchterliches. Der Wirt des verwunschenen Schlosses wird ihn
uns
heimlich für die Zeche abgeknöpft haben. Zu all Eurem Unsinn werde ich
noch
hungern müssen."
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