|
|
|
|
|
lifedays-seite
moment
in time
|
|
|
04.2
Märchen der
Völker
Stefan Mart
Kapitel XVII - Mauren
kämpfen gegen Christen
Spanischer Ritterroman nach Miguel Cervantes
Nach
dem furchtbaren
Kampfe, den Don Quixote in der sogenannten Höhle des Montesines, gegen
die
gewaltigsten spanischen Recken des letzten Jahrhunderts siegreich
bestanden
hatte, zählte der fahrende Ritter seinem Knappen einzeln an den Fingern
die
berühmtesten Adelsgeschlechter der gallischen Geschichte vor, deren
bekannteste
Helden er vorgab während des Gefechtes erkannt zu haben. -
"Allergnädigster Herr, Ihr kämpftet doch gegen einen Schwarm
Fledermäuse
und Habichte!" - "Halt Dein Maul, Sancho, hab' ich Dir nicht schon
einmal gesagt, daß ein höllischer Geist diese Helden in solch
fliegendes
Ungetier verwandelt habe!" Don Quixote setzte seinen naseweisen Knappen
grob zurecht. Nach diesem kurzen Wortgefecht trabten Ritter und Knappe
schweigend nebeneinander her. Als der Abend sich
niedersenkte, begaben sich beide zum Übernachten in ein Wirtshaus, wo
am
gleichen Abend eine Puppenkomödie aufgeführt werden sollte. Der
Theaterdirektor
bot Don Quixote und seinem Begleiter Plätze an, erhielt sein Geld dafür
und
ließ nun den Vorhang aufziehen. Don Quixote starrte mit Verwunderung
auf die
Puppen hin, die sich - von unsichtbaren Fäden gelenkt - auf die
natürlichste
Weise gebärdeten. Die Handlung, die hauptsächlich in einem Kampfe der
Christen
gegen die Mauren bestand, interessierte ihn heftig. Die Christen wurden
geschlagen und die Mauren verfolgten sie bis unter die Türme ihrer
Stadt. - Als
Don Quixote sah, daß die Heiden noch einmal über die Christen
herfielen, stieg
ihm die Galle ins Blut und es dünkte ihn nicht mehr als recht und
billig, den
Bedrängten beizustehen. - "Haltet ein!" rief er plötzlich zornig
aufspringend den Puppen zu. "Verfolget meine Glaubensbrüder nicht
länger, oder
Ihr habt es mit mir zu tun!" Hastig zog er sein Schwert, sprang auf die
Bühne hinauf und begann mit unerhörter Wut auf die Puppen loszuhauen.
Einige
schlug er zusammen, anderen hieb er den Kopf ab; die übrigen
zerstückelte er
und hätte ein fürchterliches Blutbad angerichtet, wenn
die
Puppen, anstatt aus Leder und Werg, aus Fleisch und Blut gewesen wären.
- Als der Schauspieldirektor wieder zu Atem gekommen war,
warf er sich dem wütenden Ritter zu Füßen und bat ihn mit
tränenumflorten
Blicken, seine armen leblosen Geschöpfe zu schonen. Don Quixote aber
hörte
nicht auf das Wehklagen dieses Mannes und hätte auch ihm den Kopf
abgeschlagen,
wenn jener sich nicht schleunigst aus dem Staube gemacht hätte. - In
weniger
als zehn Minuten war das ganze Theater zusammen gehauen; die
versammelten
Zuschauer aber jagten panikartig aus dem Hause, und Sancho Pansa ward
der
Ausruf entlockt, daß er noch nie seinen Herrn so wütend und rasend
gesehen
habe. - Erst als das Gemetzel unter den Puppen vollständig gelungen
war,
beruhigte sich Don Quixote etwas, stützte sich atemlos auf sein Schwert
und
sagte: "Jetzt möchte ich den Vorwitzigen sehen, der da behauptet, daß
ein
fahrender Ritter ein unnützer Mensch sei!" -
|
lifedays-seite
- moment in time |
|
|
|
|
|
|
|