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04.2
Märchen der
Völker
Stefan Mart
Kapitel XVIII - Der
galante Don Quixote
Spanischer Ritterroman nach Miguel Cervantes
Am
folgenden Tage, gerade als unsere beiden Helden aus
einem Wäldchen ritten, erblickte Don Quixote auf einem grünen Anger
eine
fürstliche Gesellschaft von Falkenjägern. Inmitten dieser Leute ritt
eine
schöne Dame auf einem schneeweißen Zelter. Die vornehme Dame trug ein
prächtiges grünes Jagdgewand und hielt auf ihrer rechten Hand einen
Falken,
woraus unser Ritter entnahm, daß sie die Gebieterin des ganzen
Jagdgefolges
sein müsse. - "Höre, Sancho," sprach Don Quixote nach einer Weile zu
seinem Knappen, "reite hin zu dieser holden Dame, entbiete ihr meinen
Gruß. Sage ihr, daß ich, Don Quixote von la Mancha, der Löwenritter,
der
Besieger aller Mauren, der Held erschütternder Abenteuer, ihr die Hand
küsse
und um Erlaubnis gebeten haben wolle, ihr meine ehrfurchtsvolle
Aufwartung zu
machen. "Sancho Pansa rammte seinem Grauen die Fersen in den Leib,
eilte
im Galopp davon und war nach wenigen Augenblicken bei der schönen
Jägerin angekommen.
Er sprang ab, warf sich vor ihr auf die Knie nieder und wiederholte,
was ihm
von seinem Herrn aufgetragen war. Die Dame lächelte holdselig und
gnädig:
"Ihr habt Eure Botschaft vortrefflich ausgerichtet, und wenn Euer Herr
wirklich der berühmte Don Quixote ist, von dessen unerhörten Taten das
ganze
Königreich Spanien und die übrige Welt spricht, so
soll er mir und dem Herzog,
meinem Gemahl, in unserem Landhause willkommen sein." - Indes kam
Don Quixote mit einer heroischen Miene heran. Er wollte sich erhobenen
Hauptes
wie ein überirdischer Held aus dem Sattel schwingen, um dieser schönen
und
edlen Fürstin zu imponieren. Sancho Pansa ritt hinzu, um ihm behilflich
zu
sein. Unglücklicherweise aber verwickelte sich sein einer Fuß in dem
Halfter
des Esels, so daß der Held mit Brust und Gesicht zu Boden rutschte,
ohne den
anderen aus dem Steigbügel befreien zu können. Rosinante bäumte sich,
der Esel
schrie laut i-a und der dicke Sancho plumpste auf seinen Herrn, daß
dieser
krachend und klirrend ein Stück seiner Rüstung nach dem anderen verlor.
Der
Ritter schämte sich, vor der holden Weiblichkeit so erbärmlich zu Fall
gekommen
zu sein, und stieß deshalb schreckliche Verwünschungen gegen seinen
unschuldigen Knappen aus, der noch immer brüllend unter den Hufen
seines Esels
zappelte. Der Herzog eilte nun persönlich zur Hilfe herbei, da sein
Gefolge vor
Lachen nicht vom Flecke konnte. - "Erhabener Fürst, habt tausend
Dank!" sagte Don Quixote mit entschuldigender Geste, "Ihr seht, was
der Taugenichts von einem Schildknappen für Unglück angerichtet hat." -
"Gemach, Herr Ritter von la Mancha!" versetzte der Herzog und
führte den zerzausten Helden zu seiner schönen Gemahlin. Diese sprach
zu ihm
mit heiterem Lächeln: "Mein fahrender Ritter! Es tut Eurem Ruhme keinen
Abbruch, daß Ihr einen Schildknappen besitzt, der wohl geschwätzig,
plauderhaft
und kurzweilig ist, doch desto weniger versteht, einen Steigbügel zu
halten." Unter solch artigen Worten zog nun Don Quixote neben der
Herzogin
inmitten der ganzen Jagdgesellschaft dem Schloßtore zu. Im Burghof
angekommen
sprang der Ritter von seiner Rosinante, um als Grandseigneur und hoher
Gast der
Herrin des Hauses beim Absteigen behilflich zu sein. Aber der Teufel
war
dazwischen und brachte neues Unglück über ihn. Der leichte Stoff ihres
Kleides,
die wertvolle Spitzenkrause und der wehende Schleier ihres
Chasseurhutes
verfingen sich in der verbeulten Rüstung des Ritters, hakten hier
hinter einer
Schraube, zerrissen dort an einer scharfen Kante und saßen dergestalt
verstrickt und fest, daß es einer langen Zeit bedurfte, bis die schöne
Jägerin
von dem geharnischten Ritter mit der traurigen Gestalt wieder befreit
wurde.
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