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04.3
Märchen
Ut Oler Welt
Wilhelm Busch
Die launische Ziege
(hochdeutsch)
Es
ist mal ein Schneider
gewesen, der schaffte sich eine Ziege an. Er hatte drei Jungens, denen
befahl
er, einem nach dem andern, sie zu hüten, draußen an der Hecke, bis sie
satt
sei. Das taten sie denn auch mit allem Fleiß, und jedesmal, ehe sie
aufhörten
mit Hüten, fragten sie ausdrücklich, ob sie genug hätte, und jedesmal
gab die
Ziege zur Antwort, sie wäre so satt, dass sie kein Blatt mehr möchte;
kamen sie
aber nach Hause mit ihr und der Vater fragte nach, dann sagte sie immer
das
Gegenteil. Auf die Bengels ist kein Verlass, dachte der Schneider, ich
muss
selbst mit ihr los. Als er nun meinte, sie hätte sich dick gefressen,
fragte er
doch noch der Sicherheit wegen: »Na Ziege, bist du nu satt?«
Eck
bin säo satt,
eck
mag näin blatt,
versicherte
die Ziege. Als
er aber mit ihr nach Hause kam und nochmals die nämliche Frage stellte,
fing
das launische Vieh an zu meckern und schrie:
Ne!!
Dar
satt noch’n blatt,
härr
eck dat noch ehatt,
säo
wör eck satt.
Das
war dem Meister denn
doch zu bunt. Er wurde kraus, nahm seine große Schere, schor die Ziege
auf
einer Seite rattenkahl, schnitt ihr ein Ohr ab und prügelte sie mit
seiner Elle
bis in den Wald hinaus. Hier wollte sie sich verstecken in einer Höhle,
aber im
Hintergrund saß der Fuchs und rief ihr drohend entgegen:
Halbgeschoren,
halbungeschoren,
wer
herein kommt,
dem
rutsch ich, dem stutz ich
den
stuppsteert (Stumpfschwanz) vor’m ase weg.
Da kriegte sie’s mit der
Angst, dass sie den Schwanz auch noch missen sollte, und fing zu laufen
an,
immerzu in die weite Welt hinein, und wenn sie nicht aufgehört hat mit
Laufen,
dann läuft sie noch heute.
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