lifedays-seite

moment in time

 
 
Literatur



04.2


Sagen aus Deutschland

___________________________


Die Riesen zu Lichtenberg - eine Sage aus Hessen
 
Der Lichtenberg ist ein ;Bergschloss, das man späterhin aus den uralten Trümmern wieder erneuert hat, und in allen Dörfern, die in seiner Nähe liegen, lebt noch die Sage fort, dass es hier vor alten Zeiten Riesen gegeben habe. Unter den Steinen befinden sich manche, die keine Menschenkraft den jähen Berg hinauf hätte tragen können.

Ein Riese schleppte einen über achtzig Zentner schweren Block auf seiner Schulter herbei, aber er zerbrach ihn unterwegs und blieb eine Stunde vor Lichtenberg auf der Höhe liegen; er wird noch heutzutage Riesenstein genannt. Im Schloss wird ein Knochen, anderthalb Schuh im Umfang haltend und mit einem andern, einen halben Schuh dicken, einen Fuß langen Bein verwachsen, aufbewahrt; auch soll daselbst vor fünfundzwanzig Jahren noch eine ungeheure Bettlade außer den Knochen zu sehen gewesen sein.

Es wird auch wiederum erzählt, dass die Riesenfrau einmal weiter als gewöhnlich von dem Lichtenberg weggegangen sei und einen Bauern getroffen habe, der mit Ochsen seinen Acker pflügte. Das hatte sie noch nie gesehn, nahm also Bauer, Pflug und Ochsen zusammen in ihrer Schürze und brachte sie ihrem Mann aufs Schloss mit den Worten: "Sieh einmal Mann, was ich für schöne Tierchen gefunden habe."
 
Jacob Grimm, 1785-1863 & Wilhelm Grimm, 1786-1859/1816

 
 
 
 


Die sieben Steinkreuze im Altmühlthale


Der Volksmund berichtet hierüber:

 
Vor Zeiten kamen sieben fremde Fuhrleute des Weges. Hungernd und dürstend ließen sie sich an der Stelle nieder, wo jetzt die erwähnten Kreuze stehen. Die in der Nähe vorbeifließende Altmühl gewährte ihnen erfrischenden Trank, doch entbehrten sie des Brotes, um den immer heftiger werdenden Hunger zu stillen. Vergebens spähten sie nach Nahrung.

Da zog einer der Fuhrleute einen Laib Brot hervor, den er, um nicht mit seinen Gefährten teilen zu müssen, unbemerkt verzehren wollte. Doch alsbald bemerkten diese sein Vorhaben. Mit hässlichem Geschrei drangen sie auf ihn ein, und ehe er den Raub verhindern konnte, wurde ihn der Laib entrissen, den nun jeder für sich beanspruchte, da ihn keiner dem anderen gönnte.

Hierüber entspann sich ein heftiger Streit, der alsbald in einen wüsten Kampf ausartete, in dessen Verlauf sich die Fuhrleute mit ihren langen Messern so zurichteten, dass einer nach dem andern an den erhaltenen Wunden verblutete. Zur Strafe aber für ihr freventliches Tun, konnten sie keine Ruhe im Grabe finden.

Gar oft bemerkt der nächtliche Wanderer, wie sie streitend und fluchend des Weges ziehen, und von wilden Grauen gepackt, ergreift er bei ihrem Nahen eilig die Flucht. 

Johann Fluhrer


oben

weiter

__________________________

Sage: "Die Riesen zu Lichtenberg",
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen.
Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 310.
zeno.org

Sage: "Die sieben Steinkreuze im Altmühlthale",
Johann Fluhrer, aus: Das Bayernland, 13 Jg., 1902,
Nr. 19, S. 226 mit Illustration von J. Belten.


Logo 33: "Circus" Stanislaw Osostowicz (died 1939),
gemeinfrei
wikimedia.org


  lifedays-seite - moment in time